Archiv – Erklärungen Grundpositionen und mehr

2023: Zukunftsweisendes Leitbild der Schulaufsicht (Magdeburger Erklärung)

Bildung ist ein wesentliches Element individueller gesellschaftlicher Weiterentwicklung und
Teilhabe.


Wir üben auf der Basis geltenden Rechts die Schulaufsicht aus.


Im Zentrum unseres Handelns steht eine tragfähige werteorientierte Entwicklung und Erziehung
der Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung wesentlicher Aspekte einer umfassenden
Bildungsgerechtigkeit.

Elementare Bestandteile einer zukunftsweisenden Schulaufsicht sind Beratung, Schul- und
Unterrichtsentwicklung sowie Verwaltung und Personalsteuerung. Als konkrete Bausteine sind
hier zu benennen:

• Transparente Führungskultur
• Zielgerichtete Kommunikation
• Professionelles Konfliktmanagement
• Verantwortungsgeleitete Kooperation
• Bedarfsorientiertes Ressourcenmanagement
• Perspektivische Personalentwicklung
• Datenbasierte Qualitätssicherung
• Fortwährende Professionalisierung

Hieraus entwickeln sich folgende Gelingensbedingungen und Bedarfe:

➢ Eine an die deutlich zunehmende Aufgabenfülle angepasste Personalausstattung
➢ Anerkennung einer inzwischen wissenschaftlich unstrittig belegten Bedeutsamkeit
schulaufsichtlichen Handelns (Leading from the middle) und entsprechende
Berücksichtigung im politischen Entscheidungsfindungsprozess
➢ Angemessene Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote auch für die Schulaufsicht
➢ Anforderungsgerechte Auswahlprozesse zur Gewinnung geeigneten
Schulaufsichtspersonals
➢ Eine verantwortungsgerechte und abstandsangemessene Besoldung
➢ Eine deutlich regional ausgerichtete schulaufsichtliche Struktur

Die Mitglieder der Konferenz der Schulaufsicht Deutschland (KSD) sind sich einig, dass die hier
genannten Aspekte für eine auch in Zukunft tragfähige und erfolgreiche Bildung und Erziehung
unabdingbar notwendig sind. Wir erwarten, dass diese Gelingensfaktoren im Rahmen von
politischen Entscheidungsprozessen bundesweit entsprechend Berücksichtigung finden.

Die KSD steht mit ihren Landesverbänden im Rahmen von Beratung und Austausch
selbstverständlich zur Verfügung.


Magdeburg, 23.09.2023

2021: Dieburger Erklärung

KSD  Dieburger Erklärung 2021

Corona legt Schwächen im Bildungssystem offen.

Vom 30.9. bis 2.10.2021 diskutierten Delegierte aus den Landesverbänden der KSD in Dieburg mit Vertreterinnen und Vertretern von Schulleitungen unterschiedlicher Schularten und mit Schulträgern über die aktuelle Situation von Schulen und über die bildungspolitische Lage.

In der Analyse sind sich die Delegierten einig:
Die bis heute andauernde dynamische Lage hinterlässt Spuren bei den Verantwortlichen und allen am Schulleben Beteiligten.

Im Mittelpunkt künftiger Entwicklungen muss die Stärkung der Schulen durch lokale und regionale Beratungs- und Unterstützungssysteme liegen. Insbesondere müssen im Verwaltungsbereich Ideen entwickelt und umgesetzt werden, wie Schulleitungen zeitnah bei administrativen Aufgaben unterstützt und entlastet werden können.

Im Zusammenhang mit der Digitalisierung müssen bürokratische Hindernisse abgebaut sowie eine adäquate personelle und technische Infrastruktur vor Ort gewährleistet werden. Dieses ist nicht nur notwendig, um besonderen Herausforderungen präventiv zu begegnen, sondern auch um Bildung zeitgemäßer gestalten zu können.

Am Beispiel von Datenschutz und Datensicherheit wurde die Notwendigkeit deutlich, dass Digitalisierung einer eindeutigen Professionalität bedarf und Schulleitungen der Zugriff auf entsprechende Unterstützungssysteme ermöglicht wird.

Die KSD sieht sich in ihren bisherigen Forderungen im Zusammenhang mit Entwicklung und Führung multiprofessioneller Teams an Schulen bestätigt. Um erfolgreich Schule zu gestalten, braucht es hohe Kompetenz in allen schulischen Bereichen.

Unter Vermeidung bürokratischer Hürden benötigen die Schulen darüber hinaus ungehinderte Zugänge zu psychologischer, sozialpädagogischer, administrativer und gesundheitspräventiver Expertise.

In allen Bundesländern übersteigt der aktuelle Bedarf die vorhandenen Ressourcen an Lehrkräften. Kurzfristig wird der Lehrkräftemangel nicht zu beheben sein. Deshalb sollten die Bundesländer Konzepte entwickeln, wie zusätzliches Personal an den Schulen gebunden werden kann. Gleichzeitig bedarf es einer Lehrkräftegewinnung, die sich auf eine arbeitsmarktpolitisch und soziodemografisch solide erfassten Datenbasis stützt.

Abschließend stellen die Delegierten fest, dass auch während der Pandemie Schulaufsicht wirksam ist, wenn in enger Kooperation mit den Schulen Prozesse in Gang gesetzt und tragfähige Entscheidungen getroffen werden. Wenn Politik Schulaufsicht schwerpunktmäßig als Kontrollinstanz und Umsetzungsgarant sieht, verringert sich die Akzeptanz von Schulaufsicht bei Schulen und damit ihre Wirksamkeit.

2019: Schweriner Erklärung

Bundesweit ist aufgrund vielfältiger Ursachen der Bedarf an Lehrkräften gestiegen und kann nicht mehr adäquat gedeckt werden. Zur Beseitigung dieses Mangels müssen geeignete, kurz- und langfristig tragende Lösungen gefunden werden. Dies schließt die Bereitschaft ein, von klassischen Wegen abzuweichen, ohne dabei die notwendige Qualität des Unterrichtes aus den Augen zu verlieren.

Der höhere Aufwand in der Personalgewinnung und -entwicklung einerseits bei Bewahrung des Niveaus der Unterrichtsqualität andererseits hat einen deutlichen Zuwachs an organisatorischen und strategischen Aufgaben der Schulaufsicht zur Folge.

Es bedarf zur Gewinnung und Entwicklung von Personal sehr individualisierter und hoch kompetenter Beratung, die von den Beratenden ein hohes Maß an Professionalität erfordert.
Die Rolle der Schulaufsicht in der Beratung und Unterstützung vor Ort gewinnt in diesem Zusammenhang eine immer stärker werdende Bedeutung.

Gerade angesichts der Diskrepanz zwischen dem steigenden Einstellungsbedarf an Schulen und dem sinkenden Angebot an qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern und dem daraus folgenden Bemühen in den einzelnen Bundesländern, Unterricht auch durch Nichtlehrkräfte abzusichern, braucht es ein anderes Maß an Aufmerksamkeit der Schulaufsicht, um Qualität von Unterricht sicherzustellen.

Das Bildungsmonitoring muss konsequent genutzt werden, um fortlaufend Rückmeldung zu erhalten über die Auswirkung der ergriffenen Maßnahmen auf die Unterrichtsqualität. Dabei ist entscheidend, dass die erhobenen Daten zur fachlich fundierten Weiterentwicklung von Schule und Unterricht genutzt werden.

Politik ist verpflichtet, den Akzeptanzrahmen zu schaffen, damit diese Ziele erreicht werden können. Dazu braucht es Ressourcen, Rollenklarheit, Transparenz und wechselseitiges Vertrauen unter allen am Prozess Beteiligten.

2018: Schulaufsicht unabdingbar notwendig! (Mainzer Erklärung)

Die Schulaufsicht ist im Wandel – diesen gilt es zu gestalten.

Die KSD hat 2017 in der Halberstädter Erklärung Handlungsfelder und Anforderungsprofile der Schulaufsicht identifiziert und benannt. In diesem Jahr stand die Frage im Mittelpunkt, welche Kompetenzen erforderlich sind, um die benannten Kernaufgaben erfüllen zu können.

Entscheidendes Kriterium bei der Ermittlung der Kompetenzen ist stets, inwieweit sie letztlich zum Lernerfolg des Schülers und der Schülerin beitragen können.

Die KSD beobachtet, dass unter dem Begriff der datengestützten Schulentwicklung klassische Beratungs- und Unterstützungsangebote für Schulen durch Datenermittlung und Controlling in den Hintergrund gedrängt werden. Das Erfassen von Daten allein fördert jedoch keine Unterrichtsentwicklung und trägt nicht zum Lernerfolg der Lernenden bei.

Vielmehr braucht es – gestützt auf die pädagogischen Forschungen der letzten Jahre – fachdidaktisch und schulpädagogisch professionalisierte Menschen, die aufgrund ihrer Lehrämter und ihrer Leitungserfahrung die Lehrenden und die Schulleitungen in den Schulen unterstützen können. Dies erfordert, dass die Schulaufsicht vor Ort präsent ist.

Erfasste Daten liefern dabei durchaus nutzbringende Indikatoren für Entwicklungsprozesse, zu denen erfolgreiche Berater und Führungskräfte aber weitere, sorgfältig ausgewählte und auf Lehrerfahrung fußende, schulspezifische Aspekte heranziehen müssen.

Darüber hinaus stellt die KSD fest, dass in den wenigsten Bundesländern strukturierte Vorqualifizierungen oder Laufbahnen für die Schulaufsicht geschaffen wurden.

Um den breit gefächerten Kanon an Aufgaben erfüllen zu können, müssen neben den oben genannten zwingenden Voraussetzungen wie Lehramt und Leitungserfahrung auch Fachwissen und Kompetenzen in den Bereichen Verwaltung, Recht, Personalführung, Diagnostik und Unterrichtsentwicklung für die Auswahl und die Qualifizierung der Personen für die Schulaufsicht berücksichtigt werden.

Der aktuell in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Lehrermangel führt unter anderem zu höherer Besoldung der Lehrkräfte. Auch deshalb müssen die Stellenpläne in der Schulaufsicht besoldungsrechtlich angepasst werden, um vor dem Hintergrund der Bestenauslese geeignete Menschen für die anspruchsvollen Aufgaben in der Schulaufsicht zu motivieren.

Schulaufsichtliches Handeln muss sich daran messen lassen, inwieweit es in der Lage ist, guten ganzheitlichen Unterricht zu erwirken, der die Lernvoraussetzungen der Kinder berücksichtigt.

Mainz, den 22.09.2018

2017: Einheitliche Kernaufgaben für Schulaufsicht identifizieren! (Halberstädter Erklärung)

Einheitliche Kernaufgaben für Schulaufsicht identifizieren!

Seit 2014 fordert die KSD die Verantwortlichen in den Bundesländern auf, den für die Schulaufsicht neuen Aufgaben angesichts höherer Eigenverantwortung von Schulen Rechnung zu tragen.

Vor dem Hintergrund der verfassungs- und gesetzmäßigen Vorgaben in den einzelnen Bundesländern ist es notwendig, die Handlungsfelder und Anforderungsprofile zu benennen und zu konkretisieren.

Ausgehend von der Bonner Erklärung von 2016, in der die KSD die Weiterentwicklung von Strukturen und Arbeitsweisen der Schulaufsicht fordert, haben die Delegierten aus den Bundesländern Kernaufgaben und Arbeitsfelder von Schulaufsicht länderübergreifend identifiziert. Damit ist die gemeinsame Grundlage geschaffen, Schulaufsicht so weiterzuentwickeln, dass sie Schulen unter veränderten und erweiterten Anforderungen auch zukünftig unterstützen und begleiten kann.

Diesen Anforderungen müssen Organisationsstrukturen, Arbeitsweisen und Personalausstattung von Schulaufsicht in den Bundesländern folgen. Schulaufsicht hat neben Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht auch unterstützende, beratende und qualitätssichernde Funktion in folgenden Handlungsfeldern:

1. Qualitätsentwicklung in den Bereichen Beratung und Begleitung in den Handlungsfeldern Personalentwicklung, Unterrichtsentwicklung und Organisationsentwicklung
2. Konfliktmanagement
3. Kooperation mit allen an Bildung Beteiligten
4. Personalmanagement
5. Verwaltungshandeln

Nach der Überzeugung der KSD muss gute Schulaufsicht auf die Beratung und Unterstützung der Schulen fokussiert sein. Die KSD und die Mitgliedsverbände bieten ihre Mitarbeit und Expertise bei der Gestaltung des Prozesses der Weiterentwicklung der Schulaufsicht an.

2016: Die veränderte Rolle von Schulaufsicht vor dem Hintergrund bundesweiter Veränderungsprozesse im Bildungsbereich (Bonner Erklärung)

Die Jahrestagung der KSD, der Zusammenschluss der Landesverbände der Schulaufsicht aller Ebenen, fand vom 22.09.- 24.09.2016 in Bonn statt. Sie hat sich schwerpunktmäßig mit der veränderten Rolle von Schulaufsicht in den Bundesländern befasst. Dabei standen die aktuellen Entwicklungen der Beschulung von Kindern und Jugendlichen aus anderen Herkunftsländern, insbesondere Flüchtlingen, auf der Tagesordnung.

Bei der Suche nach Lösungen gehen die einzelnen Bundesländer unterschiedliche Wege.
Die Debatte um diese Problematik verdeutlicht aber, dass die  neuen Aufgaben andere Strukturen und Arbeitsweisen erfordern. Ausgehend von der Braunschweiger Erklärung von 2015, die sich schwerpunktmäßig mit der Beschulung von Migranten beschäftigt hat, sieht sich die KSD in ihren Forderungen bestätigt, Schulaufsicht neu zu denken.
Zeitgleich mit der diesjährigen Tagung der KSD in Bonn hat das Finanzministerium in Nordrhein-Westfalen ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten zur Weiterentwicklung der Schulaufsicht veröffentlicht.

Aufgrund bundesweiter Veränderungsprozesse im Bildungsbereich ist das Unterstützungssystem der Schulaufsicht entsprechend anzupassen.

Hierzu ist zunächst eine offene Bestandsaufnahme  schulaufsichtlicher Handlungsfelder vorzunehmen. Das Spektrum der Aufgaben hat sich nicht nur erweitert, sondern deutlich verändert.

Seit längerer Zeit setzt sich die KSD intensiv mit den Kernaufgaben der Schulaufsicht auseinander. Wir fordern die Kultusministerkonferenz (KMK) auf, sich ebenfalls  dieser Problematik anzunehmen.

Als überparteilicher Fachverband für Fragen der Schulaufsicht und Schulverwaltung bieten wir hierfür ausdrücklich unsere Unterstützung  an.

Aus Sicht der KSD gehören folgende Felder zu den Kernaufgaben:
– Unterrichtsentwicklung,
– Integration und Inklusion,
– Personalentwicklung,
– Personalmanagement,
– Qualitätsentwicklung,
– Beschwerde- und Konfliktmanagement und
– Kooperation mit allen an Bildung Beteiligten.

Vor diesem Hintergrund bedürfen die derzeitigen Organisationsstrukturen einer kritischen Bestandsanalyse und nachfolgend einer darauf aufbauenden Entwicklung.

Das Zusammenwirken kommunaler und staatlicher Institutionen wird in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Hierbei gilt es, einerseits gewachsene Strukturen zu berücksichtigen, andererseits die Anforderungen an eine moderne Verwaltung in die Entwicklung angemessen einzubeziehen. Hierfür kann das in NRW von einem unabhängigen Expertengremium vorgelegte Gutachten zur Reform der Schulaufsicht als Anregung dienen.

Für eine Reform der Schulaufsicht sind folgende Parameter unverzichtbar:
– umfassende Einbindung des betroffenen Personals von Prozessbeginn an,
– Beteiligung aller interessierten Gremien, Verbände, Gewerkschaften und Institutionen,
– Weiterentwicklung des Prozesses bei größtmöglicher Transparenz und
– Einplanung ausreichender Zeitressourcen.

Grundlage aller möglichen Reformen ist der verfassungsmäßige Auftrag  der Schulaufsicht zur Sicherstellung des Bildungs- und Erziehungsauftrages aller Kinder und Jugendlichen.

Die KSD plant für das Frühjahr 2017 eine Arbeitstagung aller Mitgliedsverbände mit dem Ziel,  konkrete Vorschläge für Umsetzungsschritte zu veröffentlichen.

2015: Die Herausforderung für alle Schulen: Beschulung neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher (Braunschweiger Erklärung)

Konferenz der Schulaufsichtsbeamten in der Bundesrepublik Deutschland (KSD) Delegiertenversammlung 2015 in Braunschweig

Braunschweiger Erklärung

Die Herausforderung für alle Schulen: Beschulung neu zugewanderter Kinder und Jugendlicher

Die Konferenz der Schulaufsichtsbeamten in der Bundesrepublik Deutschland (KSD) diskutierte auf ihrer diesjährigen Delegiertenversammlung das derzeit in allen Bundesländern brisante Thema der Beschulung von Flüchtlingskindern. Trotz der föderalistisch bedingten Unterschiede gelingt es derzeit noch in allen Bundesländern, angemessene schulische Maßnahmen anzubieten.

Die Aufnahme der Flüchtlinge wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe in besonderem Maße und in hoher Verantwortung wahrgenommen.

Angesichts der ständig steigenden Zahlen mit nahezu Verdoppelungen der Quoten innerhalb eines Quartals gerät die Administration an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.

Der Schulaufsicht erwächst derzeit eine neue Aufgabe, die darin besteht, qualifiziertes Personal zu finden, das in der Lage ist, die Flüchtlingskinder angemessen zu fördern. Diese Aufgabe wird der Schulaufsicht längerfristig erhalten bleiben.

In fast allen Bundesländern sind die Kapazitätsgrenzen in personeller Hinsicht erreicht. Es stehen weder zusätzliches Stammpersonal noch geeignete Bewerber bei zusätzlichen Stellenzuweisungen in genügender Anzahl zur Verfügung.

Den Schulaufsichtsbehörden vor Ort müssen deshalb die Möglichkeiten zur angemessenen Problemlösung erweitert werden. Dies gilt ausdrücklich auch hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Regelangebots. Ziel ist, die Balance zu halten zwischen den unterschiedlichen Erwartungen.

Als Maßnahmen, die geeignet sind, die Handlungsfähigkeit der Schulaufsicht zu erweitern, sind beispielhaft zu nennen:

  • Qualifizierung und Einbindung von pädagogischen Assistenten mit Migrationshintergrund
  • Qualifizierungsmaßnahmen für Lehrkräfte „Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache“
  • Hilfspakete für begleitende Maßnahmen (z.B. Umgang mit traumatisierten Kindern)

Im Rahmen einer allerorts feststellbaren Willkommenskultur findet beispielhaftes bürgerschaftliches Engagement statt. Dies gilt es mit den schulischen Maßnahmen zu koordinieren und zu vernetzen. Den hierfür zuständigen Schulen sind die notwendigen personellen und sächlichen Ressourcen (z.B. die erforderlichen Unterrichtsmaterialien und Lehrwerke in genügender Zahl) kurzfristig und bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen.

Die KSD fordert ein abgestimmtes und vergleichbares Vorgehen aller Bundesländer, um zugewanderten Kindern und Jugendlichen gleiche Bildungschancen und damit gleiche Integrationsmöglichkeiten bieten zu können. Zur Bewältigung dieser gesellschaftlichen Herausforderung hat der Bund den Ländern zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen.

Braunschweig, am 26. September 2015

2014: Inklusion als gesamtgesellschaftliche Aufgabe (Marburger Erklärung)

MARBURGER ERKLÄRUNG

KSD Delegiertenversammlung 2014

Die inklusive Schule richtet ihren Unterricht und ihre Organisation auf eine stark heterogene Schülerschaft aus. Diese Heterogenität schließt beispielsweise Hochbegabung, unterschiedliche Behinderung, Migrationshintergrund oder soziale Ausgangslagen ein. Diese Vielfalt begreift die inklusive Schule als Bereicherung und Chance und verzichtet deshalb bewusst auf Ausgrenzung jeder Art.
Durch die Notwendigkeit auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Schülerinnen und Schüler einzugehen, entsteht ein für alle förderliches Lehr- und Lernumfeld, das Grundlage für eine erfolgreiche Bildungsbiographie ist.
Die Verwirklichung von Inklusion ist nicht nur eine schulische Aufgabe, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung. Dies ist allein von den Kultusministerien nicht zu leisten, sondern bedarf des Zusammenwirkens aller staatlichen und kommunalen Verantwortungsträger.

Die KSD stellt fest, dass noch nicht alle Landesregierungen diesen Stand der Erkenntnis erreicht haben. Sie fordert deshalb die Verantwortungsträger auf, alles Notwendige zu tun, um Inklusion im beschriebenen Sinne voranzubringen. Zunächst geht es darum, Haltungen und Einstellungen zu befördern, die Inklusion möglich
machen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulaufsicht sind Spezialisten um Systeme und Menschen in Veränderungsprozessen zu begleiten. Deshalb sieht die
KSD es als Aufgabe der Schulaufsicht an, Schulen auf dem Weg zur Inklusion zu beraten und zu unterstützen.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Zielsetzung muss Schule neu gedacht werden. Die Kompetenzen von Lehrkräften alleine reichen nicht mehr aus, um die beschriebene Heterogenität in der schulischen Praxis zum Mehrwert werden zu lassen.

Zum Beispiel mangelt es den Schulen aktuell an der erforderlichen Unterstützung, um der aus den Flüchtlingsströmen erwachsenden Aufgabe gerecht zu werden.
Es bedarf einer Bündelung und Vernetzung von Ressourcen aller Verantwortungsträger, die bereits heute an vielen Standorten zu multiprofessionellen Teams führen.
Hieraus entstehen sowohl für die Schulaufsicht als auch für die Schulleitungen neue Aufgabenfelder. Diese wirken sich unter anderem in der Lehrerfortbildung und im
Personalmanagement aus.

Die KSD fordert die Dienstherren in den einzelnen Bundesländern auf, den neu entstandenen Aufgaben Rechnung zu tragen.

Marburg, 27.09.2014

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

  1. Geburtstag der KSD – Anlass zur Freude, die ich gerne mit Ihnen teile .
    Grammatisch ist sie, die KSD, ja eine Dame. Und Frauen feiern bekanntlich keinen vierzigsten Geburtstag, sie nähern sich ihm nur, zunächst von der einen und dann von der anderen Seite, zumindest hat dies Billy Wilder, der berühmte amerikanische Filmregisseur gemeint.
    Aber man muss, wenn man es mit der Vierzig zu tun hat, ohnehin nicht unbedingt vom Alter ausgehen. Beim Tennis beispielsweise sieht die Vierzig viel freundlicher aus: Hier zählt man von null über fünfzehn zu dreißig und vierzig. Und nach der Vier-zig kommt – der Vorteil!
    Die 40 ist jedenfalls eine besondere Zahl; sie ist von den höheren Zahlen die am wei-testen verbreitete, in der christlichen und vor allem auch in der islamischen Welt.
    Die 40 ist von Beginn an eine Zahl des Schicksals. Das Alte Testament berechnet das Menschenleben in idealer Form als 3×40=120 Jahre, und viele der israelitischen Kö-nige haben der Überlieferung nach 40 Jahre lang regiert; die christliche Exegese fand zahlreiche Anspielungen auf die 40: Von der 40tägigen Wüstenwanderung Israels über den 40tägigen Regen bei der Sintflut bis hin zu den 40 Tagen des Fastens vor Ostern.
    In der islamischen Tradition erscheint die 40 oft als Frist für Trauer, Aktivität, Abwar-ten und ist der Zahlwert des Buchstabens m, mit dem der Name des Propheten Muhammad beginnt; sie ist überall in der Mystik die typische Prophetenzahl.
    Wenn man in der 40 keine Einflüsse alter Mythen sehen will, so kann man sie auch einfach mathematisch als eine ganz besondere Zahl ansehen: Nämlich die Summe aus (1 x 4) + (2 x 4) + (3 x 4) + (4 x 4), in der ideale pythagoreische Maße gelten.
    Der Kirchenlehrer Augustinus sah in der Vierzig das Produkt von 4 = Zeit x 10 = Wis-sen. Die 40 lehrt uns danach, dem erworbenen Wissen entsprechend zu leben.
    40 Jahre KSD – Vierzig Jahre erworbenes Wissen – und danach gelebt?
    Ja, in der Tat: wir, die KSD, haben in den 40 vergangenen Jahren Wissen gesammelt.
    Schulaufsicht ist nahe am Leben. Wir haben bis heute manchen Sturm erlebt, sind sturmerprobt und wetterfest.
    Wir haben Stürme erlebt, die uns selbst betreffen:
  • Kommunalisierung der Schulaufsicht – und zurück;
    von der dreistufigen zur zweistufigen Schulaufsicht – und zurück;
  • von der Reduzierung zur Verstärkung der Schulaufsicht – und zurück.
    Also nicht einmal das Maß der Echternacher Springprozession – 2 Schritte vor und 1 Schritt zurück- erreicht.
    Wir haben aber auch Flauten und stotterndes Vorankommen erlebt, was die Schulen betrifft: nämlich den langen Marsch von Reformen durch den Föderalismus:
  • Beispiel Schul-Inspektion: Fünf Jahre hat es gedauert vom Start im ersten bis zum Start im letzten der Bundesländer;
  • von der Dreigliedrigkeit zur Zweigliedrigkeit: zehn Jahre – noch nicht abge-schlossen;
  • Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges: neun Jahre – Ausgang offen.
    Und wir haben bildungspolitische „Endlosschleifen“ mitgemacht: Was in einem Bun-desland gerade als unpraktikabel abgetan oder verworfen wurde, konnte man nahe-zu gleichzeitig im nächsten als große Innovation gefeiert sehen – und umgekehrt.
    Und trotz aller Stürme: Wir sind noch da! Was für einen besseren Beweis gibt es für unsere Stärke?
    Unsere Stärke, das sind die „Big Five“ der Schulaufsicht:
  • Unsere aus umfangreicher Praxiserfahrung erwachsene Kompetenz
  • Unsere wahrgenommene Unabhängigkeit von politischen Wetterlagen
  • Die verlässliche Kontinuität unserer Arbeit
  • Unsere nie nachlassende Veränderungsbereitschaft
  • Unsere ungebrochene Resilienz
    In 40 Jahren haben wir einzig den Wandel als beständig erlebt. Wir haben vielfältige, vielschichtige Erfahrungen gemacht und differenziertes, umfassendes Wissen erwor-ben. Wissen und Erfahrungen haben wir in den Länderberichten bei unseren Dele-giertenversammlungen, in offiziellen und abendlichen Diskussionen, in Praxis-workshops und zahllosen fachlichen und persönlichen Gesprächen ausgetauscht und in konzentrierten Arbeitsstunden Best practice gesammelt. Bei unserem intensiven Austausch über die Ländergrenzen hinweg haben wir „Hochzeiten gefeiert“, aber auch „Beerdigungen“ begangen, ehrlich und offen und frei von Zweckoptimismus und beifallheischendem Erfolgsgerede. Wir waren im Wissen um die Vergänglichkeit auch bildungspolitischer Projekte stolz, wenn etwas gut gelungen war, wir waren aber auch bereit, das würdig zu begraben und uns von dem zu verabschieden, was erwiesenermaßen „gestorben“ war.
    So entstand in 40 Jahren ein umfangreiches kollektives Gedächtnis und ein un-schätzbarer Fundus für die Beratung der Bildungspolitik; für eine solide Beratung, die Irrtümer vermeiden helfen könnte, die Umwege ersparen und die Wiederholung von Fehlern reduzieren würde.
    Denn besser werden heißt ja nicht zwingend: etwas anders machen. Um besser zu werden reicht es oft, Gutes zu bewahren bzw. bereits vorhandenes Gutes noch bes-ser zu machen. Und dabei vor allem im Auge zu behalten, wem dieses Besserwerden eigentlich dienen soll und wem bildungspolitische Irrtümer, Umwege und die Wie-derholung von Fehlern am meisten schaden: nämlich den Kindern und Jugendlichen.
    Für Kinder und Jugendliche ist ihre Schullaufbahn ein Ganzes, ein Kontinuum, das es zu sichern gilt. Die mittlere Länge einer Schullaufbahn beträgt zehn Jahre. In den vergangenen zehn Jahren haben Kinder und Jugendliche – und auch die Schulauf-sicht – 29 Regierungswechsel in den Bundesländern erlebt, jedem Wechsel folgten neue Schulgesetze, Novellierungen von Schulgesetzen oder zumindest neue Koaliti-onsvereinbarungen zur Bildungspolitik. Und jedes Mal stellten sich Schulen und El-tern die durchaus auch bange Frage, ob der Wind nun für die Schulen aus einer an-deren Richtung wehen würde und welche konkreten Auswirkungen auf Schulen und Kinder und Jugendliche zukommen würden.
    Schulaufsicht ist die Gelenkstelle, die bildungspolitische Vorgaben vor Ort in die Schulen vermitteln und voranbringen soll.
    Bildungspolitik lebt bekanntermaßen vom gesprochenen und dem gesetzten Wort. Gut gesprochen und gut gemeint ist aber noch nicht gut gemacht. Für Schulen ist es jedoch entscheidend, dass sie ihre Arbeit gut machen können.
  • So ist die bildungspolitische Entscheidung, viel Personal in den Schulen einzu-stellen, gut – eine passgenaue Personalverteilung aber ist besser; und wer in den Kultus-Ministerien Schulaufsicht kennt, wird sich gar nicht vorstellen wol-len, was wäre, wenn die Ressourcen nicht intelligent, sondern nach dem Gießkannenprinzip oder dem Windhundprinzip verteilt würden.
  • So sind schulorganisatorische Änderungen manchmal nötig. Es bedarf aber keiner sehr ausgeprägten Fantasie, sich etwa notwendige Schulschließungen ohne die Moderation der Schulaufsicht mit allen Beteiligten vor Ort und ohne die Vermittlung des Geplanten und des „Dahinter“ durch die Schulaufsicht vorzustellen.
  • Oder die Umsetzung der Bildungsstandards: Was für eine Verschwendung an Zeit und Kraft, wenn etwa alle so unterschiedlichen Schulen die gleichen zentral vorgegebenen Wege gehen müssten oder – im anderen Extrem – jede einzelne Schule jeden Schritt, jeden Umweg, jeden Irrtum selbstständig selbst begehen „dürfte“. Und welche Verschwendung an Lern- und Lebenszeit für die Kinder und Jugendlichen!

    „Das Kind im Auge“ ist seit 2005 das Motto der KSD. Schulaufsicht hat bei allen Maß-nahmen im Bildungssystem vorrangig das Wohl des Kindes im Auge. Bildung ist pri-mär ein personaler Prozess. Deshalb müssen die handelnden Personen im Mittel-punkt aller Bemühungen stehen. Ziel muss sein, in jedem Einzelnen seine besten Möglichkeiten zur Entfaltung zu bringen. Das gilt „von der Wiege bis zur Bahre“, von der frühkindlichen Erziehung bis zur allgemein bildenden schulischen und der berufs-schulischen Bildung aber auch für die Personalentwicklung und Personalauswahl der Lehrkräfte.
    Deshalb sorgt Schulaufsicht dafür,
  • dass Kinder und Jugendliche unabhängig von bildungspolitischen Entschei-dungen in Ruhe und mit Freude lernen können,
  • dass Eltern auch bei bildungspolitischen Entwicklungen und Veränderungen nicht verunsichert sind,
  • dass landes- und regionalpolitische Interessen in Balance kommen können,
  • dass schulische Einzelinteressen, aber auch innerschulische Einzelinteressen nicht dominieren können,
  • dass die Lern-und Lebenszeit von Kindern und Jugendlichen nicht bildungspo-litischen Wechselbädern und Stürmen zum Opfer fällt.
    Und hier ist der Ort für einen Geburtstagswunsch der KSD.
    „Je undeutlicher die Aufgaben eines Berufsstandes bestimmt sind, um so
    geringer ist sein öffentliches Ansehen und um so weniger erwächst ihm aus seiner Tätigkeit Autorität“ (Hermann Giesecke, Professor für Allgemeine
    Pädagogik).
    Zur Deutlichkeit der Aufgaben von Schulaufsicht tragen Strukturdebatten, Umstruk-turierungen, Infragestellungen, Auftragsunklarheit und damit verbundene Unsicher-heiten nicht bei. Im Gegenteil: Sie binden Kräfte, die an anderer Stelle dringend ge-braucht werden.
    Unser Wunsch an die Bildungspolitiker ist,
  • unsere Scharnierfunktion für die Bildungspolitik und gleichermaßen für die Schulen unangefochten abzusichern,
  • sie als notwendige Umsetzungsvoraussetzung anzuerkennen und sie zu nut-zen
  • und uns unsere für die Bildungspolitik und für die Schulen gleichermaßen un-verzichtbare Arbeit in der notwendigen Ruhe tun zu lassen.
    Durch ihre menschen-und sachorientierte Arbeit hat die KSD immer ein klares Rollenbild von Schulaufsicht vermittelt, das auch regional wirksam wurde. Sie hat damit – folgt man Giesecke – zum öffentlichen Ansehen ihres Berufsstandes und zum Respekt vor der Arbeit der gesamten Bildungsverwaltung maßgeblich beigetragen.
    Schulaufsicht als Vermittler bildungspolitischer Vorgaben und Berater der Bildungs-politik einerseits und „das Kind im Auge“ andererseits, loyal dem Dienstherrn gegen-über und den Schulen in besonderem Maße verantwortlich. Bezogen auf ein populä – res Bild befindet sich die Schulaufsicht damit in bester Lage: in der fälschlicher-weise häufig gescholtenen, in Wirklichkeit aber komfortablen „Sandwich-Position“. Denn bekanntlich ist beim Sandwich das Beste in der Mitte – zwischen Deckel und Boden.
    Eine wesentliche Funktion von Schulaufsicht wird im Bild des Katalysators deutlich, der (lt. Definition) „Barrieren senkt, die überwunden werden müssen, weil sie Pro-zesse verhindern“, und so die – in unserem Fall schulischen – Prozesse beschleunigt, manchmal sogar erst ermöglicht, und das, ohne dabei selbst verbraucht zu werden.
    Damit bildungspolitisch Gedachtes, Gewünschtes, für notwendig Erachtetes Wirk-lichkeit werden kann, gilt es
  • zu sortieren, d.h. zu ordnen
  • anzupassen an die konkrete Situation der Einzelschule
  • zusammenzuführen mit anderen Vorhaben und einzupassen in das Gesamt-programm der Schulen
  • Hemmnisse zu identifizieren und zu neutralisieren
  • zu priorisieren, d.h. Angefangenes zu Ende zu bringen, aber auch den Mut zu haben, etwas wegzulassen.
  • Energie zuzuführen und passgenau zu unterstützen.
    Mit anderen Worten: zu sichten, zu gewichten und zu lichten und so politisch Gewolltes verträglich und gangbar zu machen.
    Indem Schulaufsicht Erfahrungsfilter setzt, werden Reformen nicht simpel 1:1 durch-gereicht, sondern verantwortungsbewusst und reflektiert für die Praxis vermittelt. Vermeiden wir es doch, erforderliche Loyalität mit Abnicken zu verwechseln.
    Die KSD hat in den 40 Jahren ihres Bestehens in der Tat Erfahrung und Wissen gesammelt, und sie ist weiterhin bereit, es weiterzugeben an die Bildungspolitik und an die Schulen. Sie wird aber auch weiterhin ihr Wissen erweitern und dem Wissen gemäß handeln.

    Die KSD kann stolz darauf sein, dass trotz aller Strukturverschiedenheiten bei der Schulaufsicht der Länder und trotz aller differierenden Zuständigkeiten und Aufga-ben in den verschiedenen Bundesländern die Positionierungen zu aktuellen schulpo-litischen Entwicklungen immer einstimmig verabschiedet werden konnten. Mit fun-dierten, unideologischen Positionen konnten wir so über viele Jahre Impulse in die Ministerien und die Schulen aller Bundesländer geben.
    Das wird die KSD auch zukünftig als ihren Auftrag sehen, den es zu bewahren gilt.
    In Abwandlung der eingangs erwähnten islamischen Tradition der 40 sagen wir: 40 Jahre KSD heißt: nicht Resignation, sondern Zuversicht; nicht Abwarten, sondern Handeln aus Erfahrung.
    Für einen jeden einzelnen von uns halte ich weiterhin das Motto von Nietzsche für empfehlenswert:
    Man sollte versuchen, jeden Augenblick so zu leben, dass er einem ohne Schrecken wiederkehren könnte.
    Dies erreichen wir in der täglichen Arbeit auf den Grundpfeilern von recht verstan-dener Loyalität einerseits und Mut und Unabhängigkeit andererseits.
    Das wünsche ich Ihnen allen von Herzen!

2012: Verzichtbarkeit der Schulaufsicht bei Stärkung der Eigenverantwortung von Schulen? (Cottbuser Erklärung)

Die Delegiertenversammlung der Konferenz der Schulaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland (KSD) vom 27.09. bis zum 29.09.2012 in Cottbus verabschiedete die

Cottbuser Erklärung:

Die Forderungen der KSD haben als Grundlage die Stärkung der Eigenverantwortung von Schule und die Weiterentwicklung von Unterricht. Alle Maßnahmen müssen dazu dienen, den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler zu verbessern.

Die KSD stellt fest, dass in den meisten Bundesländern Ansätze zu erkennen sind, im Bildungsbereich Einsparungen vorzunehmen. Dies soll vorrangig die Schulaufsicht treffen. Unter Hinweis auf die gesteigerte Eigenverantwortung von Schulen wird der Eindruck erweckt, Schulaufsicht sei verzichtbar.
Dieser Sichtweise tritt die KSD energisch entgegen. Unabhängig von der Tatsache, dass Schulaufsicht im Grundgesetz und den Landesverfassungen als Staatsaufgabe verankert ist, sind folgende Aufgaben für eine funktionierende Schulaufsicht unverzichtbar:

Schulentwicklung
-Die Qualität von Schule misst sich maßgeblich am Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler.
Im Mittelpunkt der Arbeit der Schulaufsicht steht die Sicherung der Qualität des Unterrichts und dessen Weiterentwicklung.
-Die Schulaufsicht verfügt über die notwendigen Kompetenzen und Verfahren, die Schulen in den dafür notwendigen Prozessen zu unterstützen und begleiten zu können.

Kontrollfunktion
-Angesichts der heterogenen Schullandschaft in den Bundesländern stellt sich die Aufgabe der Schulaufsicht bezüglich der Kontrollfunktion sehr vielfältig dar.
-Diese reicht von der Evaluation vorhandener Qualitätssicherungsinstrumente über Beschwerdemanagement bis hin zu disziplinarischen Maßnahmen.
-Über das Instrument der Zielvereinbarung wird Schulaufsicht präventiv tätig, indem sie zusammen mit den Schulen die Entwicklungsfelder und die dazu erforderlichen Verfahren festlegt.
-In regelmäßigen Abständen legen die Schulen der Schulaufsicht Rechenschaft über das Erreichen der Schulentwicklungsziele und die Mittelverwendung ab.

Personalversorgung und -entwicklung
-Schulaufsicht stellt sicher, dass alle Schulen ihres Zuständigkeitsbereichs in gleicher Weise mit qualifiziertem Personal versorgt werden. Damit gewährleistet sie die Einhaltung des Sozialstaatsprinzips (= Gleichheit der Lebensverhältnisse).
-Durch die berufsbegleitende Fortbildung sorgt Schulaufsicht für eine kontinuierliche Personalentwicklung im Bereich der Lehrkräfte. Schulaufsicht fördert und qualifiziert zur Weiterentwicklung der Eigenverantwortung der Schulen potentielle und bereits tätige Führungskräfte.

Schulaufsicht in der Region
-Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in der BRD und sich verändernder Schullandschaften (Dreigliedrigkeit versus Zweigliedrigkeit ..) erhält Schulaufsicht zunehmend die Aufgabe, in den Regionen Schulentwicklungsprozesse zu moderieren. Dabei gilt es, staatliche (Finanzierbarkeit des Schulsystems) mit kommunalen Interessen in Einklang zu bringen.
-Um den Erziehungs- und Bildungserfolg der Schulen sicherzustellen, bedarf es multiprofessioneller Kompetenzen, die allein aus schulischen Mitteln nicht generiert werden können. Deshalb bildet Schulaufsicht in enger Abstimmung mit den Schulen Netzwerke mit außerschulischen Partnern in der Region. Für den Erfolg dieser Netzwerkarbeit ist der direkte personale Kontakt entscheidend.

Um diese Aufgaben erfolgreich wahrnehmen zu können, bedarf es einer mit umfassenden Entscheidungskompetenzen ausgestatteten Schulaufsicht in der Region, die nach den Grundsätzen einer modernen Verwaltung transparent arbeitet und ihre Ergebnisse einer regelmäßigen Evaluation unterzieht.

2011: Bildungsgerechtigkeit schaffen durch Inklusion (Güstrower Erklärung)

„Bildungsgerechtigkeit schaffen durch Inklusion“

Dieses Schwerpunktthema der Jahrestagung der Konferenz der Schulaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland – KSD – vom 22. bis 24. September 2011 in Güstrow wurde ausgehend vom Beispiel der Region Rügen bearbeitet.

In der Tagung wurden folgende Gelingensfaktoren für eine erfolgreiche Inklusion als besonders bedeutsam herausgestellt:

• Jedes einzelnen Kind wertschätzen
• Unterschiedlichkeit als Normalität begreifen
• Ängste ernst nehmen
• Durch gelungene Beispiele Mut machen
• Positive Grundhaltung erzeugen

• Verlässliche personelle Unterstützung sicherstellen
• Lehrkräfte vorbereiten und begleitend fortbilden
• Konzepte mit hohem Präventionsanteil entwickeln
• Erforderliche Materialien bereitstellen
• Begleiten der Prozesse durch Schulaufsicht
• Steuern der Ressourcen durch Schulaufsicht
• Eine tragfähige Teambildung fördern
• Besprechungskultur in Schulen anregen
• Funktionsfähige Einheiten stärken
• Netzwerke mit allen zu beteiligenden Institutionen bilden

• Auf längere Prozesse in mehreren Schritten einstellen

Die Delegierten der KSD stellen fest, dass bereits unterschiedliche Ansätze erprobt und erfolgreich umgesetzt werden, die es zu erweitern gilt. Die Schulaufsicht unterstützt die politisch Verantwortlichen, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

2009: Föderale Vielfalt braucht Grenzen (Bad Bramstedter Erklärung)

KSD – Delegiertenversammlung 2009
vom 24. bis 26. September in Bad Bramstedt

Nationaler Bildungsgipfel – Föderale Vielfalt


Bad Bramstedter Erklärung

Föderale Vielfalt braucht Grenzen

KSD fordert: Kinder haben im Mittelpunkt bildungspolitischer Entscheidungen zu stehen

Bildung ist Megathema – bundesweit und in den Ländern. Dabei gehen die einzelnen Bundesländer ausgehend von denselben Themen unterschiedliche Wege. Fast 200.000 Kinder wechseln pro Jahr zwischen den Bundesländern die Schule. Das schafft immer wieder Probleme – Tendenz zunehmend – und beunruhigt die betroffenen Eltern.  Die wirtschaftliche Situation verlangt hohe Mobilität. Immer mehr Eltern sind in Sorge: Die Kinder bleiben auf der Strecke.

Die KSD verlangt daher, die bildungspolitischen Entwicklungen in den einzelnen Ländern besser zu koordinieren, eine bundesweite Gesamtstrategie zu entwickeln und wesentliche Richtungen zu vereinheitlichen. Die Festlegung gemeinsamer Bildungsstandards reicht nicht aus.
Unstrittig ist für die KSD, dass  in wesentlichen Bereichen eine einheitliche Richtung in der Bildungspolitik festzustellen ist:

  • Erhöhte Bedeutung vorschulischer Erziehung
  • Individuelle Förderung aller Schülerinnen und Schüler
  • Gemeinsame Beschulung beeinträchtigter und nicht beeinträchtigter
  • Verkürzter gymnasialer Bildungsgang
  • Tendenz zu höheren Bildungsabschlüssen
  • Erweiterte schulische Eigenverantwortung

Diese Arbeit kann Politik nicht selbst leisten. Auch nach Auffassung der Bundeselternvereinigung, der Schulleiterverbände, der Arbeitgeberverbände, der Schulträger und anderer Partner ist eine leistungsfähige regionale Schulaufsicht für die Steuerung dieser Entwicklungsprozesse unabdingbar.

Schulaufsicht betreibt in diesem Prozess:

  • Monitoring: Schulaufsicht sorgt dafür, dass Prozesse in den Schulen sachgerecht, zielorientiert und erfolgversprechend verlaufen und ggf. initiiert werden. Sie berücksichtigt, dass Prozesse notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für schulische Qualität sind.
  • Beratung und Unterstützung: Schulaufsicht stellt die fachliche Beratung sicher, koordiniert den organisatorischen Rahmen für Entwicklungen und hilft bei Prozessstörungen.
  • Beschwerdemanagement: Schulaufsicht schafft Ausgleich bei eventuell entstehenden lokalen Interessen und gegenüber sich möglicherweise verstärkenden Partikularinteressen.
  • Personalmanagement: Schulaufsicht sorgt – insbesondere angesichts des massiven Mangels auf dem Lehrerarbeitsmarkt und beim Führungspersonal – für eine gerechte Verteilung und die Erfüllung des grundgesetzlichen Auftrages zur Herstellung vergleichbarer Bildungsangebote im Bereich ihrer Zuständigkeit.

Gerade die selbstständigere Schule ist auf diese Leistungen einer starken Schulaufsicht angewiesen.

2007: Zur Eigenverantwortung von Schulen (Wittenberger Thesen)

Wittenberger Thesen 2007

der Konferenz der Schulaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland KSD (frei nach Martin Luther)

  1. Unverständig und schlecht handeln diejenigen, die die Selbstständigkeit oder Eigenverantwortung von Schulen zum Selbstzweck erheben.
  2. Unverständig wäre, die Begriffe Selbstständigkeit oder Eigenverantwortung von Schulen nicht zu definieren. Begriffswirrwarr ist Teufelswerk. Eigenverantwortung sei von nun an unser Wort.
  3. Das ist gewiss, dass es für Eigenverantwortung von Schulen einen verbindlichen Rahmen und verbindliche Ziele geben muss. Denn es gibt keine grenzenlose Eigenverantwortung.
  4. Der wahre Schatz wachsender Eigenverantwortung von Schulen liegt in der Verbesserung der schulischen Arbeit bezogen auf Leistungsfähigkeit und verantwortliches Handeln von Schülern.
  5. Es ist unstrittig, dass Schulen den Erfolg ihrer Arbeit systematisch und umfassend überprüfen müssen.
  6. Es ist nicht zu bezweifeln, dass die Schulen zuvörderst selbst die Verantwortung für die Verbesserung ihrer Arbeit tragen.
  7. Man muss die Verantwortlichen lehren, regelmäßig und systematisch Rechenschaft abzulegen.
  8. Nur die Unbesonnenen verzichten auf Verlässlichkeit und Stetigkeit. Qualitätsentwicklung braucht Zeit.
  9. Unverantwortlich handelt, wer annimmt, dass Eigenverantwortung von Schulen von allen Handelnden automatisch verantwortlich wahrgenommen wird.
  10. Unverantwortlich und schlecht handeln diejenigen, die die Verteilung der guten Lehrkräfte dem freien Markt überlassen und die das Problem der Schlechten und Unwilligen weiterhin verdrängen.
  11. Es ist nicht bewiesen, dass mehr Ressourcen automatisch zu verbesserter Qualität von schulischer Leistung führen. Auf die Wirksamkeit der Mittel für die Schüler kommt es an.
  12. Das ist gewiss, dass zur Eigenverantwortung von Schulen auch eine dementsprechende Schulaufsicht gehört.
  13. Sicher ist, dass eigenverantwortliche Schulen eine starke Schulaufsicht benötigen. Dabei darf das Handeln der Schulen nicht durch die Schulaufsicht ersetzt werden.
  14. Engführende Regelungen und Gängelungen waren und sind von Übel.
  15. Die Erfahrung lehrt, dass Schulaufsicht ohne die Möglichkeit zum Eingreifen ihrer Aufgabe nicht gerecht werden kann.
  16. Es darf nicht bezweifelt werden, dass die Schulaufsicht eingreift, wenn Schulen ihre Aufgaben nicht erfüllen.
  17. Sicher ist, dass Ergebnisse von Evaluation in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess münden müssen, der von der Schulaufsicht vor Ort auf der Basis von Zielvereinbarungen beratend und unterstützend begleitet wird.

Gegeben zu Wittenberg,

den 29. September 2007

2006: Brief an die KMK-Präsidentin Ute Erdsiek-Rave: Erlangung eines Partei übergreifenden Konsens in bildungspolitischen Grundfragen (Berliner Erklärung)


an die Präsidentin der Kultusministerkonferenz
Frau Staatsministerin Ute Erdsiek-Rave
Ministerin für Bildung und Frauen in Schleswig-Holstein
02.11. 2006

Sehr geehrte Frau Staatsministerin,

auf der Delegiertenkonferenz der Konferenz der Schulaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland (KSD) Anfang Oktober in Berlin ist von den teilnehmenden Bundesländern erneut vorgetragen worden, dass länderbezogene Reformvorhaben zwar eingeleitet, aber nicht die Wirkung erzielt haben, die für die grundlegenden Veränderungen der Arbeit in den Schulen notwendig wäre.

Bereits in der Lüneburger Erklärung der KSD vom Oktober 2005, die der Kultusministerkonferenz im Oktober 2005 zugeleitet wurde, sind Bedingungen für einen gelingenden Qualitätsentwicklungsprozess in den Schulen formuliert und u. a. ein bundeseinheitlichen Referenzrahmen für Schulqualität gefordert worden.

Anlass war die Beobachtung unterschiedlicher und zum Teil gegenläufiger Entwicklungen in den Bundesländern, die aus Sicht aller vertretenen Landesverbände der Schulaufsicht auf unzureichende Koordination zwischen den Bundesländern und auf wechselseitige bildungspolitische „Blockaden“ zurückzuführen sind.

Mit der Formulierung einheitlicher Bildungsstandards sowie mit der Gründung des „Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ (IQB) wurden wichtige Schritte zur Verbesserung der bundesweiten Koordination im Bildungswesen eingeleitet.

Der Konsens über die bisher formulierten Bildungsstandards kann und darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass in den einzelnen Bundesländern deutliche fachlich nicht begründbare Unterschiede hinsichtlich Art und Intensität der Umsetzung erkennbar sind.

Schulaufsicht ist die Gelenkstelle, die bildungspolitische Vorgaben vor Ort in den Schulen implementieren und voranbringen soll und hierzu bereit ist.

Gerade deshalb erscheint es uns dringend notwendig, bestehende Hindernisse für eine in der Alltagspraxis wirksame Qualitätsverbesserung zu beseitigen, die nach Auffassung aller in der KSD vertretenen Landesverbände ursächlich auf die Überlagerung von Fachdiskussionen durch eher politische Motive zurückzuführen sind.

Eine öffentlich verantwortete Bildung wird immer wichtiger. Die gesamtpolitische Konstellation in der Bundesrepublik bietet aus Sicht der KSD neue Chancen dafür, dass sich Landesregierungen verstärkt um einen parteiübergreifenden Konsens in bildungspolitischen Grundfragen bemühen.

Die Konferenz der Schulaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland als politisch unabhängige Dachorganisation sieht im Konsens mit den (ebenfalls politisch unabhängigen) Landesverbänden in folgenden Handlungsfeldern Entwicklungsbedarf:

(1) Vermeidung von Kontinuitätsbrüchen bei Regierungswechseln in einem Bundesland

Schulen brauchen Verlässlichkeit. Der bisher mangelnde Konsens in bildungspolitischen Grundfragen hat in der Vergangenheit vielfach dazu geführt, dass durch Veränderung von Gesetzen und Verordnungen in relativ kurzen Zeitabständen zum Teil erhebliche Kurswechsel vorgenommen wurden. Solche Kontinuitätsbrüche werden von den Betroffenen als „Schaukelpolitik“ empfunden.

Bei voller Akzeptanz der föderalen Strukturen müssen durch die KMK länderübergreifend geregelt werden:

– Vergleichbarkeit von Bildungsgängen, verbesserte Abstimmung der Verordnungen über schulische Abschlüsse und Vereinheitlichung von
Schülerlaufbahnen in den Bundesländern;

– Vermeidung von Misserfolgskarrieren von Schülern/innen aufgrund unzureichender Durchlässigkeit zwischen den Bildungsgängen sowie von Fehlprognosen bei Schullaufbahnentscheidungen;

– Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit sowie Erhöhung der Bildungschancen benachteiligter Schüler/innen (deutscher und ausländischer Herkunft);

– Abbau von Ausgliederungs- und „Abschiebe“tendenzen im Schulwesen, verbunden mit verlässlichen Förderstrategien in allen Schulen.

(2) Stärkere Gewichtung von Fachaspekten bei bildungspolitischen Entscheidungen

Öffentliche Äußerungen von Bildungspolitikern über Ergebnisse internationaler Studien oder über Verlautbarungen internationaler Bildungsexperten haben ein gemeinsames Merkmal: Wahrgenommen und akzeptiert werden jeweils nur die Aspekte, die mit den eigenen Sichtweisen vereinbar sind. Aspekte, die geeignet wären, Positionen selbstkritisch zu überdenken bzw. in Frage zu stellen, werden ignoriert, uminterpretiert oder als verfehlt zurückgewiesen.

Es ist daher dringend geboten

– fachliche bzw. wissenschaftlich begründete Argumente ausreichend in bildungspolitische Entscheidungen einzubeziehen;

– auf der Ebene der Kultusministerkonferenz und auf Länderebene auch in Bildungsfragen unabhängige Beratungsgremien (bzw. Institute) strukturell vorzusehen;

– die Kultusministerien der Länder bezüglich ihres Verwaltungshandelns und der Wirksamkeit ihrer bildungspolitischen Entscheidungen einer objektivierten, wissenschaftlich fundierten externen Evaluation zu unterziehen.

(3) Klare Regeln bei Personalfragen

Für sachbezogene Problemlösungen im Bildungswesen und für kontinuierliche Qualitätsentwicklung in den Schulen kommt es darauf an, dass die politisch Verantwortlichen in ihren Entscheidungen in längeren Entwicklungszeiträumen denken.

Eine dauerhafte und zielgerichtete Implementierung und Umsetzung von Reformvorhaben bedarf übergreifender Regeln in folgenden Bereichen:

– Offenlegung, welche Führungspositionen in den Länderministerien mit politischen Beamten und welche mit Fachbeamten besetzt werden;

– konsequente Beachtung des Leistungsgrundsatzes bei der Auswahl von Fachbeamten.

(4) Beseitigung von Qualitätshindernissen in beamtenrechtlichen Regelungen

Das Grundprinzip der „Besitzstandswahrung“ verhindert bisher, dass die jeweils vorgesetzte Dienst- und Fachaufsicht bei nachweislich schwerwiegenden und dauerhaften Mängeln in der Aufgabenwahrnehmung Problem lösende Maßnahmen (Rückstufung, Verwendung in anderen Positionen) vornehmen kann.

Die geänderten Zuständigkeiten im Rahmen der Föderalismusreform müssen dafür genutzt werden, die beamtenrechtlichen Regelungen so zu gestalten, dass Motivation erzeugt, Leistung honoriert, aber auch Fehlleistung geahndet werden kann.

Sehr geehrte Frau Staatsministerin,
gerade und vor allem im Bildungssystem ist es notwendig, dass die politischen Parteien zumindest in Grundfragen Differenzen überwinden und gemeinsame sachlich begründete Positionen erarbeiten. Das ergibt sich aus der „Verpflichtung zur Einheit des deutschen Bildungswesens“, vor allem aber aus der Verpflichtung gegenüber Schülerinnen und Schülern in ganz Deutschland. Insoweit sind die oben genannten Punkte nach Auffassung der KSD in die Agenda der KMK aufzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Weitzel
Bundesvorsitzende KSD

2005: Schulevaluation – Bedingung für einen gelingenden Qualitätsentwicklungsprozess in Schulen (Lüneburger Erklärung)

Lüneburger Erklärung

Viele Jahre lang konnte die KSD beim Blick auf die gesamte Republik bildungspolitische „Endlosschleifen“ beobachten: Was in einem Bundesland gerade als unpraktikabel abgetan oder verworfen wurde, konnte man nahezu gleichzeitig im nächsten als große Innovation gefeiert sehen – und umgekehrt.

Die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien lassen für derartige Experimente keinen Raum mehr, sie offenbaren vielmehr einen zwingenden gemeinsamen Handlungsbedarf. Hieraus folgt ein zunehmender Gleichlauf der Bildungspolitik der Bundesländer.
Erste Schritte zur Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen sind in allen Bundesländern eingeleitet und die Einführung einer externen Schulevaluation unter verschiedenen Bezeichnungen in fast allen Bundesländern erfolgt, in Vorbereitung oder doch zumindest vorgesehen.

Vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen in allen Bundesländern und auf der Grundlage der Diskussion einer gemeinsamen Tagung aller Landesverbände formuliert die KSD Bedingungen für einen gelingenden Qualitätsentwicklungsprozess in den Schulen:

  1. Aus der Festlegung länderübergreifender Bildungsstandards folgt die Notwendigkeit eines einheitlichen Referenzrahmens für Schulqualität in allen Bundesländern.
  2. Die Entwicklung vergleichbarer Evaluationsinstrumente und Evaluations-verfahren für die interne und die externe Evaluation muss zentral koordiniert werden.
  3. Die interne Evaluation ist flächendeckend einzuführen. Eine kontinuierliche Selbstevaluation der Schulen ist Grundlage für eine aussagefähige Fremdevaluation.
  4. Die Schulaufsicht ist im Auftrag des Staates verantwortlich für die Gestaltung und Entwicklung des Schulwesens. Sie begleitet den Entwicklungsprozess der Schulen auf der Basis gesicherter Evaluationsergebnisse und steuert die Schulentwicklung in der Region.
  5. Deshalb muss die Schulaufsicht an der Durchführung der externen Evaluation beteiligt werden.
  6. Schulevaluation ist der Anfangspunkt von Schulentwicklungsprozessen.
    Schulaufsicht trägt die Verantwortung für die Sicherung der Verbindlichkeit und der Nachhaltigkeit der anschließenden Entwicklungsmaßnahmen. Sie bündelt vorhandene Informationen / Daten und steuert in der Region durch Zielvereinbarungen und Ressourcenzuweisung. Vor dem Hintergrund der Stärkung der Eigenverantwortung der Schulen kommt der Personalauswahl für schulische Funktionsstellen sowie der Personalentwicklung und Fortbildung besondere Bedeutung zu.
  7. Bei Schulen, die deutlich unter Standard liegen, muss die Schulaufsicht sofort eingreifen. Darauf haben Eltern, Schülerinnen und Schüler einen Anspruch.
  8. Alle Beteiligten müssen systematisch für ihre neuen Aufgaben qualifiziert werden. Ressourcen für Beratung, Unterstützung und Qualifikation müssen bedarfsorientiert zur Verfügung stehen.

Tief greifende Veränderungen sind in allen Bundesländern eingeleitet.

Aus Sicht der KSD haben sich alle Maßnahmen im Bildungssystem an dem Recht des Kindes auf guten Unterricht und gute Schule zu orientieren. Nur dort, wo die externe Schulevaluation und die anschließenden Schulentwicklungsprozesse dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler direkten Nutzen daraus ziehen, haben sie aus Sicht der KSD den gewünschten Effekt und damit ihre Daseinberechtigung.

2004: Zu Ende denken – neueste Entwicklung der Qualitätsentwicklung (Neckarsulmer Erklärung)

KSD – Delegiertenversammlung 2004
vom 30. September bis 02. Oktober in Neckarsulm

Presseerklärung

KSD : Zu Ende denken

Konferenz der Schulaufsicht positioniert sich zu neuesten Tendenzen der Qualitätsentwicklung

Bildungsexperten aus den deutschen Bundesländern haben sich bei der Jahrestagung ihres Dachverbandes KSD (Konferenz der Schulaufsicht in der Bundesrepublik Deutschland) 2004 in Neckarsulm mit der aktuellen Diskussion um Evaluation der Schulen und damit zusammenhängenden neuen Steuerungsmodellen für Schulsysteme befasst.

Äußerst kritisch werden von der KSD Tendenzen in einzelnen Bundesländern bewertet, die Kräfte vorrangig auf eine Output-Kontrolle und -analyse zu konzentrieren.
Nach Ansicht der KSD ist  eine gründliche Analyse der Lernergebnisse ein notwendiger Schritt zu mehr Schulqualität, der aber allein keinesfalls ausreicht.
Entscheidend wichtig ist, dass sich der Bestandsaufnahme eine Problemlösungsphase anschließt.

Der Gedankenaustausch mit den Kollegen des Bildungswesens der AUDI-AG im Rahmen der Tagung zeigte einmal mehr sehr deutlich, dass Problemanalyse und Problembehebung untrennbar zusammengehören und ein klares Steuerungskonzept voraussetzen, um erfolgreich zu sein.

Gerade dies aber fehlt in den Bundesländern: Das zeigen die unkoordinierte und unprofessionelle Einführung der Evaluation und das Fehlen eines bis zu Ende durchdachten Konzeptes zum Umgang mit Evaluationsergebnissen.
Vielmehr wird die Öffentlichkeit in dem Glauben gehalten, in der Schaffung von Standards und der Ergebniskontrolle sei eine  Verbesserung der schulischen Qualität schon einbegriffen.

Die KSD begrüßt ausdrücklich die vergrößerte Selbstständigkeit und –verantwortung der Schulen als Kern der Qualitätsentwicklung.
An Selbstheilungskräfte zu glauben, widerspricht allerdings aus Sicht der KSD den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte.

Wer bewertet, prüft und beurteilt, muss dies auch auf sich selbst anwenden. In Aufnahme der Ergebnisse eines vorbereitenden Workshops beschloss die Bundesversammlung, die Landesversammlungen zu bitten, in allen Bundesländern die Prozesse zur Eigenevaluation in der Schulaufsicht einzuleiten. Dafür geeignete Instrumente sind im Abschluss der Entwicklung und werden in Kürze veröffentlicht. Damit wird die Schulaufsicht in allen Bundesländern die Möglichkeit haben, nicht nur über Evaluation zu sprechen und die Schulen dazu anzuhalten, sondern sich auch selbst auf den Prüfstand zu stellen.

2003: Weiterentwicklung der Schulaufsicht (Leipziger Erklärung) und 30 Jahre Schulaufsicht – Festschrift

Weiterentwicklung der Schulaufsicht
Position der KSD verabschiedet anlässlich der Delegiertenversammlung 2003 in Leipzig

Präambel

Der Auftrag der Schulaufsicht unterliegt als Folge des Wandels der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der aktuellen bildungspolitischen Entwicklungen tief greifenden Veränderungen. Er wird künftig entscheidend bestimmt werden durch die Verpflichtung zur Qualitätsentwicklung und –sicherung.
Hierfür braucht die Schulaufsicht ein klares Mandat der Politik.

1. Schulaufsicht ist das Unterstützungssystem der selbständiger werdenden Schule

Die staatliche Schulaufsicht unterstützt die Schulen bei ihrer Entwicklung zu größerer Selbständigkeit in der Unterrichts- und Erziehungsarbeit. Die selbstständiger werdenden Schulen tragen in diesem Prozess zunächst selbst die Verantwortung für die Qualität ihrer Arbeit und deren interne Evaluation. Qualifizierungsoffensiven müssen die schulischen Kompetenzen in den Bereichen des Managements, der Steuerung, der Beratung und Diagnose, der Innovation und des Controllings stärken.

2. Schulaufsicht verantwortet die externe Evaluation

Die Schulen haben durch diesen Prozess selbstständiger Entwicklungssteuerung eine besondere Verantwortung für die Ergebnisse ihrer Arbeit. Diese bedarf externer Evaluation. Die staatliche Schulaufsicht ist verantwortlich für diese externe Evaluation. Sie kooperiert bei dieser systemischen Sicht auf die Schule mit fachlich vorgebildeten Evaluationsexperten.
Bei der Evaluation werden standardisierte Evaluationsverfahren eingesetzt.

3. Schulaufsicht steuert und koordiniert die Weiterentwicklung der Schulen

Die Ergebnisse der externen Evaluation werden transparent gemacht und sind Ausgangspunkt für die gezielte Weiterentwicklung der Schule. Die Staatliche Schulaufsicht steuert und koordiniert diese Weiterentwicklung mit den Instrumenten der Zielvereinbarung und Teamarbeit.

4. Schulaufsicht kontrolliert die Einhaltung der Rahmenvorgaben

Die staatliche Schulaufsicht überprüft die Einhaltung staatlicher Rahmenvorgaben und stellt durch Anfertigung regionaler Bildungsberichte die Ergebnisse der Einzelschule in einen vergleichenden Zusammenhang mit den Ergebnissen anderer Schulen.

5. Schulaufsicht ist zur Selbstevaluation bereit

Die staatliche Schulaufsicht lässt ihre Arbeits- und Wirkungsweise extern evaluieren und sich wissenschaftlich begleiten.

2002: Neue Kontrollkultur für selbständige Schulen (Münsteraner Erklärung)

Presseerklärung der KSD

Neue Kontrollkultur erforderlich

„Selbstständigkeit bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und darüber Rechenschaft abzulegen.“

So fasst die Leitende Schulamtsdirektorin Ulrike Weitzel das Thema zusammen, das in Münster drei Tage im Mittelpunkt stand. Die Bundesvereinigung aller Schulräte (KSD) aus 14 Bundesländern verabschiedete im Rahmen ihrer Vertreterversammlung am 20. September 2002 die „Münsteraner Erklärung der KSD“.

Darin befürwortet die Konferenz der Schulräte in der Bundesrepublik Deutschland ausdrücklich die Entwicklung der Schulen im Sinne einer größeren Selbstständigkeit. Die größere Selbstständigkeit ist jedoch nur die eine Seite der Schulveränderung.

Untrennbar damit verbunden ist ein hohes Maß an Verantwortung. Alles, was in Schule passiert, muss offen gelegt werden. Eltern fordern zu Recht eine hohe Unterrichtsqualität und gute Rahmenbedingungen für die Schule ihrer Kinder. Ein Kind in Passau hat den gleichen Anspruch auf guten Unterricht wie ein Kind auf Rügen.

Dieses ist zu gewährleisten durch einheitliche und verbindliche Standards, deren Einhaltung kontrolliert werden muss. In diesem Zusammenhang müssen sich Schulen an eine neue Kontrollkultur gewöhnen, in der die Schulaufsicht ihren staatlichen Auftrag erfüllen muss.

Die Schulräte wirken in jeder Region steuernd und koordinierend und beraten die einzelne Schule bei der Festlegung ihres Veränderungsbedarfes.

Dieser Auftrag ist durch die PISA-Ergebnisse neu in das Bewusstsein gehoben worden. Nun sind die Kultusministerien aller Bundesländer gefordert.

1999: Dialogische Schulaufsicht (Weimarer Erklärung)

WEIMARER ERKLÄRUNG VOM 2.10.1999

ZUR QUALITÄT VON UNTERRICHT UND ERZIEHUNG

Die Konferenz der Schulrätinnen und Schulräte der Bundesrepublik Deutschland (KSD) gibt auf ihrer Delegiertenversammlung 1999 in Weimar folgende Erklärung ab: Kernaufgabe und entscheidendes Qualitätsmerkmal der Schulen ist ein fachlich und erzieherisch wirksamer Unterricht.

Der in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland laufende Prozess zur Qualitätssicherung, – entwicklung und –kontrolle ist nur mit einer leistungsfähigen Schulaufsicht zu gestalten.

Schulaufsicht versteht sich bei dieser Aufgabe als Partner in einem Dialog aller an Unterricht und Erziehung Beteiligten, der auf Einsicht, Verantwortung und Professionalität baut.

Nach Ansicht der KSD ist die Schule eine „Lernende Organisation“ in der Lehrerinnen und Lehrer vorhandene Freiräume mit einem hohen Maß an Verantwortung wahrzunehmen haben.

Die KSD sieht es als unverzichtbar an, dass insbesondere die Vertreter von Wirtschaft und Hochschule aktiv am Qualitätsdialog teilnehmen.

Dialogisch arbeitende Schulaufsicht ist auf ein klares Mandat der Politik für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren kontinuierliche Fortbildung sowie verlässliche ortsnahe Strukturen angewiesen.

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